Sonntag, 31. Januar 2010

die lust am verletzen

herr balduin,
es ist ein seltsam ding, aber vielleicht kennst du es auch: "die lust am verletzen". die worte sind etwas irreführend und bedürfen wohl noch erklärung!? man könnte auch sagen; "die lust am zurückschlagen" ... wenn ermahnung oder kritik an mich herangetragen wird, muss ich immer wieder feststellen, wie es in mir gährt und der wunsch nach einem schlagabtausch - so destruktiv und unberechtigt dieser auch sein mag - in mir purzelbäume schlägt. einfach nur um auch auszuteilen. selbst in anderen situationen kommt es zu dem beschriebenen phänomen. manchmal, wenn in mir alles durcheinander gerät würde ich zu gern wie ein kleines kind mich auf den boden werfen und in rasender wut um mich treten und boxen, damit andere auch spüren wie es in mir aussieht. da werden aufrichtige menschen plötzlich zu idioten und bekommen andere nicht erwähnenswerten betitelungen in meinem kleinen kopf zugedacht ...
fritz

Mittwoch, 27. Januar 2010

harte klage

herr balduin,
in den vergangen tagen haben ich ein buch von c.s.lewis gelesen. es trägt den titel; "du selbst bist die antwort" und greift den stoff einer alten griechischen sage auf. es ist eine anklageschrift, die die königstochter orual gegen die götter verfasst hat. sie hadert mit ihrem schicksal und dem leben. am anfang war das buch sehr gewöhnungsbedürftig und teilweise verwirrend - doch je länger ich gelesen habe, umso mehr spannende überlegungen fand ich in der geschichte. am nachhaltigsten ist gerade der gedanke der klage. in christlichen kreisen ist klage durchaus nicht verpönt und kommt hin und wieder auch zur anwendung, doch ich habe das gefühl, dass dies alles nur in sehr zensierter form geschieht. stelle fest, dass ich mich zensiere. ich klage - ja, aber nicht mit ganzem sein. vielleicht muss ich bei alledem noch etwas erwähnen. das ehrlichwerden, gebet, sein seelenleben in worte fassen und aussprechen, sowie klagen eine sehr befreiende und heilende wirkung haben kann, ist unumstritten. doch das ist keineswegs immer so! wenn alles gesagt wurde, wenn man der vielen worte überdrüssig ist und dennoch keine veränderung - weder innen noch außen - in aussicht steht, dann verliert das gesprochene wort seine befreiende wirkung. die konsequenz ist schweigende qualvolle resignation. doch beim lesen der klagen von orual ist mir deren "härte" aufgefallen. sie klagt kompromisslos, mit aller bitterkeit die in ihr steckt. sie klagt mit ganzem sein. meiner meinung nach nicht, um dannach "befreit" zu sein (kann man ja eh nicht selber machen), sondern aus einer tiefen hilflosigkeit, not und groll heraus. mir sind die vielen reden und worte, die ich früher liebte und die mich belebten, an manchen stellen mitlerweile so verleidet - so sinnlos. vielleicht ist es an der zeit harte anklagen auszusprechen ...
fritz



ich klage dich an gott.
du hast mich allein gelassen, schon viele male. doch damit nicht genug, sondern dann kommen immer noch menschen und wollen mir das gegenteil einreden und reden von verborgenen sinn und plänen. doch ich frage dich gott: was sind deine zusagen und dein trost wert, wenn sie nicht im sturm des lebens erfahrbar sind, sondern nur für die sichtbar, den es halbwegs gut geht? was nützt mir dein beistand, wenn ich ihn in keinster weise erleben darf? du sagst: "suchet, so werdet ihr finden." ich will dir lügner ins gesicht schrein. denn ich suche und verliere nur. was soll ich dir sagen, was zu dir beten? du sitz doch auf deinem berg, umgeben von göttlichkeit, souveränität und allmacht. und alle meine argumentationen prallen daran ab. weil ich begrenzter mensch bin und du gott, du hast es ja nicht nötig dich mit mir zu beschäftigen, meinen worten zu lauschen und rechtfertigen musst du dich ja auch nicht vor deinem geschöpf. antworte mir wenn du kannst! ich habe wut auf dich. denn in der bibel stellst du dich mir als vater- und muttergott vor. erzählst von liebe und dergleichen dingen ... hättest du es doch nicht getan. dann würde ich nicht darauf hoffen müssen und hätte nicht ständig mit der enttäuschung den kampf aufzunehmen. du bist mir kein vater. ich glaube nicht, dass du mich in dieser masse von menschen anschaust. warum solltest du auch? ich bin doch nur ein unbedeutender windhauch. rede doch mit mir und hülle dich nicht in feiges schweigen. ich weiß um meine unvollkommenheit und um die dunkelheit in mir. mir ist bewusst, dass mein verstand nicht alles zu erfassen vermag, und meine worte wiedersprüchlich und falsch sind. aber gott, hast du meine treue und liebe dir gegenüber vergessen? du hast dich an meinen gaben und opfern gelabt und lässt mich jetzt fallen? ich frage nicht warum du all das leid zulässt, aber ich frage warum du nicht da bist!? wo bist du gott? was muss erst geschehen bevor du handelst?

amateurfotografenschicksal

herr balduin,
was geschieht wenn ein popliger amateur-hobby-möchtegernfotograf durch die straßen seiner stadt zieht und ein schönes motiv findet (um es etwas zu konkretiesieren: es war eine tunnelähnliche hausdurchfahrt, mit einem gittertor am inneren ende). also als erstes wird er seine fotografiermaschine zücken und bilder knipsen. weil seine begabungen begrenzt sind, muss er öfter fotografieren, um gewünschten bildlichen eindruck umzusetzen. wenn das haus dummerweise ein hohes regierungsgebäude ist, und das schöne motiv ausgerechnet die dazugehörige einfahrt, werden nach wenigen minuten zwei polizisten aufkreuzen und seinen ausweis sehen wollen. nachdem sie ihn etwas eingeschüchtert haben und seine personalien notierten, wird der amateut-hobby- möchteduweistschonwasfotograf etwas frustriert von dannen ziehen. die bilder sind natürlich nutzlos geworden, weil er darauf hingewiesen worden ist, dass man eine genehmigung braucht, wenn man bilder von öffentlichen gebäuden veröffentlichen will. und so hat der brave und rechtschaffende bürger fritz das erste mal konfliktkontakt mit den gesetzesvollstreckern des deutschen rechtssystemes gehabt ...
fritz

Sonntag, 24. Januar 2010

brief an herr smutno

herr smutno,
es ist seltsam mich an sie zu wenden, in einem moment, da doch all meine empfindungen ihnen gegenüber verschüttet oder scheinbar verloren gegangen sind. doch ich weiß, dass der schein trügt! sie gehören doch zu der sorte "treuer begleiter". hin und wieder zwar nicht in meinem sichtfeld, aber dennoch da. sie sind schwer einzuschätzen. manchmal verhalten sie sich wie ein edler herr. mit hut, langem schwarzen mantel, gepflegtem äußeren und anständigen manieren. dann klopfen sie höflich, ziehen ihre lederschuhe aus und setzen sich mit einer seelenruhe ins wohnzimmer und wir trinken eine tasse tee zusammen. wie lange, dass bestimmen meistens sie! mir ist aufgefallen, dass wenn sie da sind, ich oft die uhr ticken höre ... das nehme ich sonst nur selten war. in kürzester zeit ziehen sie mit ihren wesen alles um sich herum in ihren bann. nein, sie verwenden kein aufdringliches parfüm oder so, und dennoch legt sich ihr duft mit einer nicht beschreibbaren schwere auf die seele. an anderen tagen sind sie das ganze gegenteil. von ihrem aussehen sind sie dann kaum verändert, aber sie benehmen sich dann wie ein mafioso - wie ich das gerade schreibe stelle ich fest, wie treffend das ist. zwar ist ihr äußeres nach wie vor korrekt, aber alles andere ist von einer grausamen brutalität und kälte geprägt. sie nehmen dann ohne zu fragen, ohne rücksicht auf verluste und tun allen was sich ihnen in den weg stellt gewalt an.
das sonderbare ist, dass ich sie nicht gänzlich ablehne. trotz all dem schmerz den sie mir und anderen menschen zufügen. diesen erbarmungslosen schmerz ... an manchen tagen ist ihre gegenwart kaum auszuhalten und doch geben sie dem leben eine gewisse intensität. oder sie lehren mich andere sichtweisen, die nicht besonders populär, dafür ziemlich bodenständig sind. liebe würde ich meine haltung ihnen gegenüber wohl nicht nennen, aber ich schätze gewisse seiten an ihnen - oder doch nicht? bin mir gerade unsicher. vielleicht sind sie auch einfach nur ein lügner und ich lasse mich belügen, wer weiß. wenn ich ehrlich bin, wäre ich ihnen dankbar, wenn sie die nächsten tage nicht zu besuch kommen und mich mit ihren gedanken verschonen, auch wenn diese noch so sehr der wahrheit entsprechen.
ihr fritz

auch das gibts

herr balduin,
letztens war ich mal wieder mit meinen altbekannten taxifahrer unterwegs. mitlerweile habe wir uns schon gut aneinander gewöhnt und so werden auch die gespräche immer interessanter. an dem tag erzählte er mir welche fahrten heute noch bei ihn anliegen. unteranderem erwähnte er eine spazierfahrt ins erzgebirge mit einer älteren dame. das konnte ich nicht so recht einordnen und so fragte ich nach: "wie jetzt? ihr fahrt einfach so im erzgebirge rum, ohne ziel?" darauf mein taxifahrer: "ja, ich hole die dame ab, dann fahren wir eine weile, gehen was essen und dann geht es wieder zurück." im weiteren verlauf erzählte er mir noch das er diese frau jetzt schon 30 jahre fährt und unteranderem auch ihren umzug mit dem taxi organisiert hat. herr balduin, wenn ich solche geschichten mitbekomme, hätte ich fast selber lust mal taxi zu fahren :-)
fritz

Mittwoch, 20. Januar 2010

der handschuh

herr balduin,
gerade schwirt mir einiges an gedanken und empfindungen durch kopf und herz, aber sie sind noch nicht schreibfertig. also entweder ließt du an anderer stelle mehr davon oder sie sind dann doch ins meer der vergessenheit geraten. dafür ist jetzt platz für etwas alltägliches. ich habe lang schon nicht mehr von unserer adoptivoma berichtet. gestern warn wir mal wieder zum kaffeeklatsch bei ihr. zu schade, dass ich soviel von dem was sie sagt nicht so rüber bringen kann, wie sie es eben tut. oft zitiert sie beispielsweise irgendwelchen sprüche aus ihrer kindheit:
"man hats nicht leicht wenn man mit gewichten handelt und im dritten stock wohnt." ist einer meiner liebsten. oder ein spruch für - ist mir egal: "ich steh mit auf, aber ich bleib auch liegen." eine wonne kann ich da nur sagen :-) wenn du sie nur sehen könntest wie sie vom roller und schlitten fahren erzählt ... auch habe ich mit ihr eine gemeinsamkeit, wir mögen alte balladen. einige haben wir jetzt schon zusammen gelesen. john maynard von theodor fontane, der handschuh und die bürgschaft von schiller, oder der erlkönig von goethe - kaum zu glauben, aber da wird man dankbar für seine schulbildung. jetzt noch zwei zitate von ihr und dann "der handschuh", um diesen briefen etwas kultur beizufügen.
fritz

"da war mein mann schon mode." (sagte sie beim erzählen einer lebensgeschichte)
"geh mir aus den augen, oder ich krieg dich." (sagte sie zu einem stück kuchen)

der handschuh

vor seinem löwengarten,
das kampfspiel zu erwarten,
saß könig franz,
und um ihn die großen der krone,
und rings auf hohem balkone
die damen in schönem kranz.

und wie er winkt mit dem finger,
auf tut sich der weite zwinger,
und hinein mit bedächtigem schritt
ein löwe tritt
und sieht sich stumm
rings um,
mit langem gähnen,
und schüttelt die mähnen
und streckt die glieder
und legt sich nieder.

und der könig winkt wieder,
da öffnet sich behend
ein zweites tor,
daraus rennt
mit wildem sprunge
ein tiger hervor.

wie der den löwen erschaut,
brüllt er laut,
schlägt mit dem schweif
einen furchtbaren reif,
und recket die zunge,
und im kreise scheu
umgeht er den leu
grimmig schnurrend,
drauf streckt er sich murrend
zur seite nieder.

und der könig winkt wieder;
da speit das doppelt geöffnete haus
zwei leoparden auf einmal aus,
die stürzen mit mutiger kampfbegier
auf das tigertier;
das packt sie mit seinen grimmigen tatzen,
und der leu mit gebrüll
richtet sich auf - da wird's still;
und herum im kreis,
von mordsucht heiß,
lagern sich die greulichen katzen.

da fällt von des altans rand
ein handschuh von schöner hand
zwischen den tiger und den leun
mitten hinein.

und zu ritter delorges spottender weis',
wendet sich fräulein kunigund:
"herr ritter, ist eure lieb' so heiß,
wie ihr mir's schwört zu jeder stund,
ei, so hebt mir den handschuh auf."

und der ritter in schnellem lauf
steigt hinab in den furchtbarn zwinger
mit festem schritte,
und aus der ungeheuer mitte
nimmt er den handschuh mit keckem finger.

und mit erstaunen und mit grauen
sehen's die ritter und edelfrauen,
und gelassen bringt er den handschuh zurück.
da schallt ihm sein lob aus jedem munde,
aber mit zärtlichem liebesblick -
er verheißt ihm sein nahes glück -
empfängt ihn fräulein kunigunde.
und er wirft ihr den handschuh ins gesicht:
"den dank, dame, begehr ich nicht!"
und verläßt sie zur selben stunde.



(1797)

Montag, 18. Januar 2010

can-balduin-fotowettbewerb

sehr geehrte leserschaft,
nun wird es langsam aber sicher zeit den can-balduin-fotowettbewerb auszuwerten. gestern abend tagte ich deswegen mit 3 weiteren jurysten. nach lebhaften diskussionen, unterschiedlichsten ansichtsweisen und langer "bildermeditation" sind wir zu folgendem ergebnis gekommen:

das postkartenset im wert von ca. 30 euro geht an folgendes bild und damit an meinen werten herrn onkel.

überzeugt hat das bild durch die zum ausdruck gebrachte spannung. offensichtlich die kulturelle, aber beim näheren betrachten noch eine vielzahl weitere. jung und alt, arm und reich, krieg und frieden ... - alles hat seine zeit.

im folgenden nun noch ein paar andere eingegangenen bilder und eine "zarte" kurzgeschichte, die ebenfalls zu diesem thema eingesendet wurde und die ich nicht vorenthalten will. vielen dank an alle teilnehmer, war ein schönes projekt und ich hoffe es hat etwas freude gemacht und inspiriert!







einkaufstag
wissen sie, neulich bin ich durch die einkaufsstraße gegangen mitten in dem dort üblicherweise herrschenden trubel. mein kopf war voller gedanken, was ich alles noch benötige, kaufen muss, noch nicht besitze. einkaufen ist für mich reine pflichterfüllung. manchmal kommt mir das leben selbst als eine reine pflichterfüllung vor. wissen Sie, ich mache mir vor dem einkaufen einen sehr durchdachten plan. mit diesem neumodischen begriffen wie „shoppen“ etc. kann ich nichts anfangen. ich strukturiere sehr genau, in welcher reihenfolge ich durch die läden gehe und was genau ich dort kaufen werde. es versteht sich von selbst, dass ich sehr konkrete preisvorstellungen habe. es ist ja nicht so, dass ich sparsam sein müsste, ich habe ein sparkonto angelegt und dieses seit zehn jahren nicht mehr angerührt. das geld gibt mir sicherheit, wissen sie. was ich habe, das habe ich.
wissen sie, als ich also so durch die strassen eilte, fiel mir ein kleines kind auf. das hielt in der hand eine schnur, an dessen ende ein luftballon hing. in der nähe auf einer bank saß lächelnd eine junge frau, die mutter des kindes, wie ich annahm.
das kind mit seinem ballon in der hand, der übrigens kirschrot war und eine werbeaufschrift trug, dieses kind war völlig hingerissen von dem ballon, der zu einer anderen zeit in anderen händen völlig wertlos gewesen wäre. wissen sie, genau in diesem moment, in dieser eile und dem bloßen erfüllen von erledigungen, genau in diesem moment berührte es mich, es nahm mich völlig in beschlag. ich blieb stehen, um dieses kind zu beobachten. die menschenmenge wurde mir so unwichtig wie auch meine einkaufstüten und meine pläne. das spiel dieses kindes war so profan, so einfach, und dennoch so zeitlos, ergreifend, liebenswürdig. der ballon ging auf und nieder, mal hüpfte das kind mit dem ballon, dann wiederum hüpfte der ballon, wenn das kind an der schnur zog. das kind strahlte. wissen sie, vielleicht kennen Sie solche momente, die sie festhalten möchten, festhalten für immer. in solchen momenten atmen sie tiefer, sie riechen viel mehr gerüche, ihre augen nehmen viel mehr farben wahr und vor allem fühlen sie in der ganzen intensität ihrer gefühle. wissen sie, wenn das eine szene aus einem film gewesen wäre, dätte man diese situation in zeitlupe ablaufen lassen. wissen sie, genau so habe ich das erlebt, wie in zeitlupe. es war mir, als steht alles still, vor allem ich selbst. all die verpflichtungen, verantwortlichkeiten und dergleichen- all das wurde so nebensächlich. ich fühlte mit dem kind, diese freude am leben, diese fröhlichkeit und sorglosigkeit. wissen sie, ich habe keine ahnung, wie lange ich dort stand, aber das ist auch unwichtig. leider kam ein kräftiger windstoss und blies den ballon davon. das kind, seine mutter und ich schauten dem ballon nach, wie er gen himmel flog. ich verspürte eine spur von trauer, aber mein herz war ergriffen und voller dankbarkeit für das erlebte. es dauerte eine weile, bis er völlig verschwunden war.
wissen sie, selbst das kind war nicht traurig darüber, so als ahnte es, dass es die bestimmung dieses ballons sei, zu fliegen. es hat den ballon losgelassen und ihm hinterhergewunken. die junge frau nahm das kind an die hand und beide gingen die strasse entlang, bis sie verschwunden waren. wissen sie, dann erst kam ich langsam wieder zu mir, ich hörte wieder den lärm, spürte die hektik um mich herum. ich hatte aber das gefühl, dass irgend etwas sich verändert hatte. etwas tief in mir. ich hatte keinen antrieb mehr, meine pläne abzuarbeiten. ich wollte mich nur noch in ein cafe setzen und dem leben zuschauen, anstatt daran vorbeizuhasten. wissen sie, in diesem moment wurde mir bewusst, dass ich viel zu viel nützliche, sinnvolle dinge getan hatte und viel zu wenig zeit mit ballons gespielt hatte. ich habe meine kaffee genossen und bin dann nach hause gegangen. wissen sie, unterwegs habe ich mir aber noch ein paar luftballons gekauft.

a. philipp

Donnerstag, 14. Januar 2010

ungehorsam der kirchendiener

herr balduin,
in der bekannten hymne: "ode an die freude" heißt es: "... wem der grosse wurf gelungen, eines freundes freund zu sein, wer ein holdes weib errungen, mische seinen jubel ein! ...". worte, die sich dem wert von beziehungen witmen und meiner meinung nach einen sehr richtigen weg damit beschreiten. doch das nur am rande. denn ich möchte mal wieder eine kleine anektode über mein holdes eheweib der welt zum besten geben. da wir nun tag ein tag aus das leben miteinander teilen habe ich unteranderem das große vorrecht ihre für die meisten menschen verborgenen wunderbar witzigen seiten zu erleben und zu genießen :-) und so saßen wir am vergangenen sonntag in der kirche. alles nahm seinen gewohnten gang, nur der kirchendiener war etwas unsicher in seinem auftreten. als dieser dann mit einer gehilfhin die kollekte einsammelte kam es zu einem kleinen eklat. das kollektenlied war zu ende und die beiden standen noch weit vom altar entfernt im gang. der herr pfarrer machte sie mit einer handbewegung darauf aufmerksam und forderte sie auf nach vorn zu kommen. in diesem moment drehte sich meine frau ganz aufgeregt zu mir und flüsterte nach worten ringend ganz empört: "die sind ungehorsam!" dieser ausspruch und die damit bei mir freigesetzte vorstellung begeistert mich noch immer - auch wenn sie mir nachher erklärte, dass sie eigentlich statt "ungehorsam, unsicher" gemeint hatte. :-) ach und noch was, gestern fand zwischen uns mal wieder eines der legendären bettgespräche statt. wir lagen schon eine weile und haben uns auch schon eine gute nacht gewünscht, da fragt mich meine frau plötzlich, ob sie das licht löschen solle. (nur für den leser, kein licht brannte mehr!) ich war ganz gespannt auf die reaktion und sagte einfach nur: "ja." da drehte sie sich zur seite um ihr vorhaben in die tat umzusetzen und bemerkte erst da ihren verschlafenen irtum. sie stammelte noch irgendeine erklärung für ihr verhalten und gab sich dann dem traumland wieder hin...
"wer ein holdes weib erungen mische seinen jubel ein" :-)
fritz

Dienstag, 12. Januar 2010

pentago


guten morgen herr balduin,
meine liebe frau und ich sind große freunde der spielkultur. nun braucht es wie überall im leben manchmal eine neuerung - ein abwechslungsreiches etwas. und so fanden wir uns gestern in einem spieleladen wieder und bildeten uns bezüglich der neuerscheinungen, bzw. des altbewerten in der spieleszene. dann kam der große augenblick - ein neues spiel bahnte sich durch sympathisches auftreten den weg in unsere herzen. es war ein gewisser risikokauf, doch wir wurden nicht enttäuscht. es hält was es verspricht. wenn es dir mal wieder nach einen kurzweiligen, leicht verständlichen und dennoch sehr komplexen strategiespiel verlangt. dann schau es dir mal an - pentago von kosmos. und mal abgesehen vom spielespaß noch dazu in sehr ansprechender gestaltung und qualität.
fritz :-)

gebete eines menschen der nicht betet

herr balduin,
ich stand jetzt schon ein paar mal vor meinem bücherregal und haben überlegt, nach welchem buch es mich mal wieder gelüstet. dabei kam ich zu keinem zufriedenstellenden ergebnis. das gesuchte buch sollte sinnvoll und ernsthaft sein, trotzdem kurzweilig zu lesen und einen gewissen unterhaltungswert besitzen. und wie das leben manchmal so ist war mir der erfolg in dieser sache bis zum schluss nicht gegönnt. doch dafür nahm ich ein büchlein zur hand, was ich vor nicht all zu langer zeit schon einmal gelesen habe. der titel war so ungewöhnlich, dass ich es unbedingt besitzen wollte. den autor habe ich dir gegenüber schon einmal erwähnt: janusz korczak, bzw. henryk goldszmit. das büchlein trägt den titel: „allein mit gott – gebete eines menschen der nicht betet“. es ist kein gebetsbuch im herkömmlichen sinne und will es wohl auch nicht sein. im nachwort heißt es: „gebete, die in der kirche nicht gelehrt werden, aber auch denen neue einsichten vermitteln, die gott gewohnt sind ... vertraut und innig, machen die gebete für nichtbeter ernst mit der einsamen trauer des modernen menschen und sind zugleich quellen tröstlicher zuversicht.“ janusz korczak lässt hier 19 personen wie sie unterschiedlicher kaum sein können mit worten sich an gott wenden, die in keiner tradition oder bekannten zeremonie ihren ursprung zu haben scheinen. erschreckend ehrlich und ohne tabus kommt ein querschnitt der menschlichen empfindungen zur sprache. da betet die mutter, ein kleines kind, die prostituierte, ein alter mann, ein künstler, ein lästerer, der erzieher, ein nachdenklicher, ein glücklicher, oder ein klagender mensch. sie beten zu einem gott der ihnen feind, fremder oder bruder ist. halten sich dabei an keinerlei form und lassen einen manchmal mit der bangen frage zurück, ob man so gott gegenübertreten darf!? und doch, genau wie es das nachwort sagt, vermittelt es neue einsichten, selbst denen die glauben, gott gewohnt zu sein. mit seinen wunderbaren formulierungen und einer überweltigend schlichten sprache trifft korczak genau ins leben. im folgenden eine auswahl aus dem texten, die mir besonders gut gefallen ... doch sie geben keinesfalls die gesamtheit wieder. auch ich habe bei manchen worten bedenken, sortiere aus. aber vielleicht braucht es gerade diese ...? diesbezüglich zum schluss noch ein zitat von korczak: „jeder mensch müsste zuweilen augenblicke des aufruhrs gegen den glauben haben, augenblicke der rührung, augenblicke der ekstase und gänzlichen unabhängigkeit von der rationalen spekulation ...“
fritz

selbst dir, mein gott, wage ich nicht, mein kind anzuvertrauen: denn du nimmst den müttern die kinder und den kindern die mütter ... gott, wenn ich diesen kleinen wurm so wahnsinnig liebe, so liebe ich vielleicht dich in ihm, denn du bist – du bist – du bist in diesem geringsten – du größtes geheimnis – mein gott.

versprechen fällt leicht, aber wie es halten? ich habe angst. ich werde mir mühe geben – ich will es sehr. aber geschieht denn ständig das, was man will?

ich weiß, es ist nicht schön zu bitten. aber ich bitte nicht dich, guter gott. du brauchst mir nichts zu geben. aber der onkel hat mir eine uhr versprochen, wenn ich gut lerne. hilf mir nur dabei, dass du den onkel an sein versprechen erinnerst.

ich will beten, und schon kam mir ein sündiger gedanke in den sinn.

oh, unser gott und herr, ich mache, was ich kann. ich kann nicht viel, also tue ich auch nicht viel ... und ich denke, dass es wohl keinen menschen gibt, der mit einen anderen tauschen möchte. jeder hat sich schon an sich selber gewöhnt ... ich weiß nicht, ob ich gut bete, aber es ist wohl einerlei, was der mensch sagt, wenn er nur so spricht, wie er denkt: ehrlich und wahrhaftig. ... und im übrigen hast du gewiss keine zeit ... aber es ist so angenehm, o herr, dir alles zu sagen, dir alles anzuvertrauen.

ich habe keine angst vor dem tod, es tut mir nur leid: ich hätte so gerne noch geschaut, gelesen, gesehen, erlebt, so interessant und neu ist alles, denn es kann das letzte sein.

am fröhlichsten sind wir in den orkanen des kampfes, der uns führt zu unbekannten enden unseres freien fluges – auge in auge mit dem feindlichen dunkel – unter vier augen mit gott.

ich kenne mich nicht, denn mal bin ich auf dumme weise würdig, dann wieder auf würdige weise dumm ... nichts weiß ich, alles errate ich. du weißt schöpfer was das bedeutet: alles! dank dir, schöpfer, dass du das schwein geschaffen hast, den elefanten mit dem langen rüssel, dass du die blätter und herzen zerfranst hast, dass du den afrikanern schwarze gesichter gabst und den zuckerrüben die süße.

meine gedanken haben keine flügel, die das lied zum himmel trügen. meine worte haben weder farbe noch duft noch blüte. müde bin ich und schläfrig.

verlassen hast du mich, mein gott; habe ich dir ein ärgernis gegeben? ... mit dir habe ich den weg begonnen, soll ich jetzt – verlassen – alleine weitergehen, wenn ich müde, geplagt bin und in dem dickicht den weg nicht finde? erinnerst du dich, gott, ich habe dir vertraut. hast du, gott, mein naives flüstern vergessen, das ich zu dir sandte, dass stille bekennen meiner geheimnisse, die wehmutsvollen tränen, die ich zu dir strömen ließ?

weit öffne ich die augen – ich schaue, ich schaue, ich schaue, mein gott, es gibt nichts, ich sehe nichts, höre nichts, weder ein flüstern noch ein seufzer.

eine träne der unruhe, dass ich allein bin in der menge – und schon sind wir zusammen. du mit mir, mein gott. ... und das ist das schlimmste: dass deine helle gestalt, o gott, mir verstellt wurde von deinen verlogenen deutern. ich war gezwungen mich durchzukämpfen durch diese finstere meute ... - durch all das und sie alle strebte ich, mein gott, dennoch zu dir. deshalb ist es so spät – deshalb bin ich erst jetzt da ... mein gott. ich sage: mein und habe vertrauen.

es ist wahr, das ich sehe. es ist wahr, dass ich ein herz habe. wahr ist mein denken und die blüte im kirschbaum. wahr ist, dass ich vor mich hinsinge, dass ich – schreie. mit verliebtem flüstern meiner augen küsse ich den staubwirbel froher wahrheiten.

ich kann nicht unehrlich sein. also gebe ich zu: ich kenne dich nicht, gott. und mir scheint: bevor der mensch dich erkennt, o gott, muss er vor allem sich selber erkennen, sich selber finden. ich aber irre umher, verstehe mich nicht und versuche mich zu erraten wie eine scharade, wie eine sehr schwierige aufgabe in der mathematik.

denn du bist ja nicht nur in der träne des menschen, sondern auch im duft des flieders, nicht nur im himmel, sondern auch im kuß ... ich weiß, du bist der große, der mächtige, der unsterbliche und so weiter, aber ich weiß es eben nur – und nichts weiter ... schau mein gebet ... ist es weise? nein. doch kann man es töricht nennen? es ist konfus, denn auch ich bin kunfus.

Sonntag, 10. Januar 2010

geheimnisvoller sonntag


ein guten sonntag wünsche ich dir herr balduin ...
ja ja der sonntag. ganz ehrlich, in meiner vergangenheit hat er mir mehr frust als lust bereitet. als kind war uns an diesem tag der laute alltagsspaß teilweise verwehrt und langeweile und melancholie waren oft treue begleiter. selbst als ich älter geworden bin änderte sich das kaum. und mal ganz abgesehen davon, gab es auch immer wieder gewisse nervige innerliche konklikte. wollte ich doch diesen tag würdig begehen - scheiterte aber allzuoft an der umsetzung.
vor einiger zeit fiel meiner frau folgende karte in die hände. diese postkarten und andere aktionen wurde von einer gruppe von menschen ins leben gerufen, die ein neues positives bewusstsein für den sonntag schaffen wollen. sie schreiben unteranderem auf ihrer internetseite (www.machmalsonntag.de): "der sonntag lässt raum und fordert nichts. das ist sein geheimnis. deshalb werben wir für ihn." würde gerne etwas von diesem geheimnis erleben!
wie dem auch sei, dir einen fröhlichen geheimnisvollen sonntag.
fritz

Donnerstag, 7. Januar 2010

bild der generationen


herr balduin,
heute habe ich eine kiste mittlerer größe voller fotos durchgestöbert. dabei viel mir dieses geschichtsträchtige bild in die hände. du wunderst dich vielleicht, da es nicht den anschein großer bedeutung macht. für dich trifft die kritik wohl auch zu. doch für mich nicht. die erklärung: auf diesen bild sind vier generationen zu sehen. meine ur-uroma, meine uroma, meine oma und meine mutter.
fritz

meines wesens dunkelstunden

hallo herr balduin,
letztens laß ich folgendes sprüchlein von goethe: "man sollte alle tage wenigstens ein kleines lied hören und ein gutes gedicht lesen." ich halte es jetzt nicht unbedingt für lebensnotwendig, aber eine bereicherung des alltages ist es auf alle fälle. mit einem lied kann ich an dieser stelle leider nicht dienen, aber ein gedicht ist heute machbar. wenn du willst begib dich doch auf gedankenreise und lass dich von den worten entführen und verwirren:

ich liebe meines wesens dunkelstunden,
in welchen meine sinne sich vertiefen;
in ihnen hab ich, wie in alten briefen,
mein täglich leben schon gelebt gefunden
und wie legende weit und überwunden.

aus ihnen kommt mir wissen, dass ich raum
zu einem zweiten zeitlos breiten leben habe.
und manchmal bin ich wie ein baum,
der, reif und rauschend, über einem grabe
den traum erfüllt, den der vergangne Knabe
(um den sich seine warmen wurzeln drängen)
verlor in traurigkeiten und gesängen.

rainer maria rilke

ich liebe meines wesens dunkelstunden ...
fritz

Mittwoch, 6. Januar 2010

hochmut der dummheit

herr balduin,
im alltag gibt es ja so manches mal situationen in denen einem etwas bewusst wird. letztens ereilte mich eine derartige erkenntnis. es begab sich aber zu der zeit, als sich das alte jahr demütig dem ende neigte, dass ich mich für ein paar tage in "sterile" umgebung und in die obhut von professionellen pflegepersonal begeben musste. so weit so gut. alles weitere werde ich ganz nüchtern schildern müssen. ja ich habe bei mir diesen grausame, unfaire und absolut hochmüte herzenshaltung beobachtet einen völlig unbegründeten unterschied zwischen den menschen zu machen. den ärzten begegne ich mit respekt - natürlich. mit den schwestern und pflegern komme ich meistens gut klar. doch erschrak ich als ich meine kühle und reserviertheit den putzfrauen gegenüber bemerkte. oder den damen gegenüber, die sich um das essen kümmerten. was für abscheulichkeiten stecken da nur in mir? dem braven, liebenswürdigen fritzen ist es manchmal sogar etwas peinlich zu erzählen, dass er in einem großen zentrum für epilepsiekranke menschen seine hochzeit gefeiert hat. warum nur? natürlich habe ich das nie raushängen lassen, aber dieser sanfte peinlich berührte stich im herzen ... ! es ist doch zum kotzen. vielleicht denkst du, dass ich jetzt eine kleine sache etwas zu dramatisch betrachte - aber dem kann ich gerade nicht zustimmen. denn genau mit diesen kleinen dummen vorurteilen wurde schon oft genug in der menschheitsgeschichte der größte blödsinn fabriziert ... mit den schönen, klugen, reichen, begabten und angesagten menschen schmückt man sich ja gern. obwohl die die größten arschlöcher sein können. aber die durchschnittlichen und unterdurchschnittlichen haben von vornherein schon ein sympathieminus. dann fragt sich nur wer der dumme ist?
fritz

Dienstag, 5. Januar 2010

flüstern und schrein

herr balduin,
flüstern und schreien!?
überrannt von gewaltigen, mir zu großen dingen verstumme ich und bei der erkenntnis des zerbrechlichen seins, dem fühlen unaussprechlichen glückes oder dem erleben vernichtenden schmerzes – auch da gibt es nicht mehr viel zu sagen. sorgenvolle angst, enttäuschte bitterkeit, bangende hoffnung, hass, und traurige wut schreien vielleicht desöfteren in meinem herzen, aber nur seltenst in die welt hinaus. zu stark sind diese regungen des herzens, zu viel würde ich von mir verraten, und manchmal traue ich mich einfach nicht den dingen so ausdruck zu verleihen. doch oft bahnt es sich seinen weg. dann flüstert es aus mir heraus. dann erblicken die geheimen wünsche und so manch seelennot das licht des tages, flüsternd gestehen sich die liebenden ihre liebe und der kraftlose flüstert noch ein gebet.
fritz

Sonntag, 3. Januar 2010

eil-telegramm

hoch verehrtes publikum stop fotowettbewerb wird wegen anfragen einzelner verlängert stop neuer und endgültiger einsendetermin ist der 12.01.2010 stop fritz stop