Mittwoch, 2. Dezember 2009

das fest der menschlichkeit


herr balduin,
heute war eine liebe alte freundin von mir zum frühstück zu besuch - alt im sinne von: "an jahren wesentlich älter" gemeint. ich schätze diese begegnungen mit den anderen generationen ungemein! gleich zu beginn kamen wir aus aktuellem anlass auf advent und weihnachten zu sprechen. du musst wissen, in den vergangenen tage habe ich mich etwas über gewisse menschen echauffiert. es geht nämlich nicht in meinen kopf rein, wie man gleich am anfang der adventszeit mit weihnachtsmütze durch die straßen ziehen kann, auf den weihnachtsmarkt rennt und wie man auch sonst all die delikatessen und besonderheiten dieser kirchenjahreszeit gleich zu beginn so verprassen kann. mitlerweile ist mein temperamentvoller ausflug abgekühlt und habe mich entschieden andere mal andere sein zu lassen und selber meinen weg darin zu gehen.
und wie ich heute mit meiner freundin über weihnachten redete, ist mir noch mehr bewusst geworden. weihnachten hat eine unheimliche kraft, die nicht durch stress, konflikte, vorstellungen, geschenke, usw. zu unterdrücken ist. dieses fest bringt jeden, ob man will oder nicht, ein stück mit sich selbst in berührung. in gefängnissen dürfen die psychologen nicht frei nehmen und es herrscht ausnahmezustand, die selbstmordrate steigt meines wissens nach enorm an. viele tränen fließen. und selbst die menschen, die denken es berührt sie nicht, oder es wär ihnen egal, spüren den schmerz, die einsamkeit und die traurigkeit am heiligen abend. das alles hat seinen grund.
man merkt den mangel, die kaputtheit und die enttäuschung im eigenen leben. wird mit seiner sehnsucht nach geborgenheit, anerkennung, zugehörigkeit und liebe konfrontiert. an manchen punkten kommt sicher noch die eigene unzulänglichkeit ins spiel. man will soviel gutes und steht sich doch selber im weg dabei. am fest der liebe, freude und der familie stellt man viel zerbruch fest, oder man lernt auf der anderen seite wieder schätzen was man hat. wird überrascht und beschämt von menschen die einen gutes tun, merkt seine liebe bis zum hals schlagen, darf glücklich sein.

meine freundin formulierte es so: "selbst menschen die mit weihnachten nichts anfangen können, spüren diese heilige kraft." heilig ist das richtige wort. es ist ganz im hier und jetzt, geballte dynamik und doch wohltuende ruhe. heiligkeit die verletzt. manchmal brutal uns die realität vor augen führt. aber auch verbindet, mütterlich tröstet, oder schlicht und ergreifend heilt.

ich möchte versuchen mich dieses jahr dieser heiligkeit auszuliefern, mich ihr hinzugeben und diese kostbarkeit im zerbrechlichen tonkrug genannt leben aufzunehmen.
fritz

2 Kommentare:

  1. ...man merkt den mangel, die kaputtheit und die enttäuschung im eigenen leben...die eigene erlösungbedürftigkeit, die sehnsucht nach vollkommenheit und die eigene ohnmacht diesbezüglich.

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  2. treffende und schöne ergänzung ...

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