Montag, 18. Januar 2010

can-balduin-fotowettbewerb

sehr geehrte leserschaft,
nun wird es langsam aber sicher zeit den can-balduin-fotowettbewerb auszuwerten. gestern abend tagte ich deswegen mit 3 weiteren jurysten. nach lebhaften diskussionen, unterschiedlichsten ansichtsweisen und langer "bildermeditation" sind wir zu folgendem ergebnis gekommen:

das postkartenset im wert von ca. 30 euro geht an folgendes bild und damit an meinen werten herrn onkel.

überzeugt hat das bild durch die zum ausdruck gebrachte spannung. offensichtlich die kulturelle, aber beim näheren betrachten noch eine vielzahl weitere. jung und alt, arm und reich, krieg und frieden ... - alles hat seine zeit.

im folgenden nun noch ein paar andere eingegangenen bilder und eine "zarte" kurzgeschichte, die ebenfalls zu diesem thema eingesendet wurde und die ich nicht vorenthalten will. vielen dank an alle teilnehmer, war ein schönes projekt und ich hoffe es hat etwas freude gemacht und inspiriert!







einkaufstag
wissen sie, neulich bin ich durch die einkaufsstraße gegangen mitten in dem dort üblicherweise herrschenden trubel. mein kopf war voller gedanken, was ich alles noch benötige, kaufen muss, noch nicht besitze. einkaufen ist für mich reine pflichterfüllung. manchmal kommt mir das leben selbst als eine reine pflichterfüllung vor. wissen Sie, ich mache mir vor dem einkaufen einen sehr durchdachten plan. mit diesem neumodischen begriffen wie „shoppen“ etc. kann ich nichts anfangen. ich strukturiere sehr genau, in welcher reihenfolge ich durch die läden gehe und was genau ich dort kaufen werde. es versteht sich von selbst, dass ich sehr konkrete preisvorstellungen habe. es ist ja nicht so, dass ich sparsam sein müsste, ich habe ein sparkonto angelegt und dieses seit zehn jahren nicht mehr angerührt. das geld gibt mir sicherheit, wissen sie. was ich habe, das habe ich.
wissen sie, als ich also so durch die strassen eilte, fiel mir ein kleines kind auf. das hielt in der hand eine schnur, an dessen ende ein luftballon hing. in der nähe auf einer bank saß lächelnd eine junge frau, die mutter des kindes, wie ich annahm.
das kind mit seinem ballon in der hand, der übrigens kirschrot war und eine werbeaufschrift trug, dieses kind war völlig hingerissen von dem ballon, der zu einer anderen zeit in anderen händen völlig wertlos gewesen wäre. wissen sie, genau in diesem moment, in dieser eile und dem bloßen erfüllen von erledigungen, genau in diesem moment berührte es mich, es nahm mich völlig in beschlag. ich blieb stehen, um dieses kind zu beobachten. die menschenmenge wurde mir so unwichtig wie auch meine einkaufstüten und meine pläne. das spiel dieses kindes war so profan, so einfach, und dennoch so zeitlos, ergreifend, liebenswürdig. der ballon ging auf und nieder, mal hüpfte das kind mit dem ballon, dann wiederum hüpfte der ballon, wenn das kind an der schnur zog. das kind strahlte. wissen sie, vielleicht kennen Sie solche momente, die sie festhalten möchten, festhalten für immer. in solchen momenten atmen sie tiefer, sie riechen viel mehr gerüche, ihre augen nehmen viel mehr farben wahr und vor allem fühlen sie in der ganzen intensität ihrer gefühle. wissen sie, wenn das eine szene aus einem film gewesen wäre, dätte man diese situation in zeitlupe ablaufen lassen. wissen sie, genau so habe ich das erlebt, wie in zeitlupe. es war mir, als steht alles still, vor allem ich selbst. all die verpflichtungen, verantwortlichkeiten und dergleichen- all das wurde so nebensächlich. ich fühlte mit dem kind, diese freude am leben, diese fröhlichkeit und sorglosigkeit. wissen sie, ich habe keine ahnung, wie lange ich dort stand, aber das ist auch unwichtig. leider kam ein kräftiger windstoss und blies den ballon davon. das kind, seine mutter und ich schauten dem ballon nach, wie er gen himmel flog. ich verspürte eine spur von trauer, aber mein herz war ergriffen und voller dankbarkeit für das erlebte. es dauerte eine weile, bis er völlig verschwunden war.
wissen sie, selbst das kind war nicht traurig darüber, so als ahnte es, dass es die bestimmung dieses ballons sei, zu fliegen. es hat den ballon losgelassen und ihm hinterhergewunken. die junge frau nahm das kind an die hand und beide gingen die strasse entlang, bis sie verschwunden waren. wissen sie, dann erst kam ich langsam wieder zu mir, ich hörte wieder den lärm, spürte die hektik um mich herum. ich hatte aber das gefühl, dass irgend etwas sich verändert hatte. etwas tief in mir. ich hatte keinen antrieb mehr, meine pläne abzuarbeiten. ich wollte mich nur noch in ein cafe setzen und dem leben zuschauen, anstatt daran vorbeizuhasten. wissen sie, in diesem moment wurde mir bewusst, dass ich viel zu viel nützliche, sinnvolle dinge getan hatte und viel zu wenig zeit mit ballons gespielt hatte. ich habe meine kaffee genossen und bin dann nach hause gegangen. wissen sie, unterwegs habe ich mir aber noch ein paar luftballons gekauft.

a. philipp

2 Kommentare:

  1. die gesichter sind auch ganz spannend.was da wohl durch den kopf geht...

    gute wahl :)

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  2. stimmt, jetzt wo man drauf hin gewiesen ist ... also da könnte es drei sichtweisen geben. was denkt das kind, die frau, und der mann im hintergrund? vielleicht fällt mir noch eine gute deutung ein, da lass ich es dich wissen :-)

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