Mittwoch, 27. Januar 2010

harte klage

herr balduin,
in den vergangen tagen haben ich ein buch von c.s.lewis gelesen. es trägt den titel; "du selbst bist die antwort" und greift den stoff einer alten griechischen sage auf. es ist eine anklageschrift, die die königstochter orual gegen die götter verfasst hat. sie hadert mit ihrem schicksal und dem leben. am anfang war das buch sehr gewöhnungsbedürftig und teilweise verwirrend - doch je länger ich gelesen habe, umso mehr spannende überlegungen fand ich in der geschichte. am nachhaltigsten ist gerade der gedanke der klage. in christlichen kreisen ist klage durchaus nicht verpönt und kommt hin und wieder auch zur anwendung, doch ich habe das gefühl, dass dies alles nur in sehr zensierter form geschieht. stelle fest, dass ich mich zensiere. ich klage - ja, aber nicht mit ganzem sein. vielleicht muss ich bei alledem noch etwas erwähnen. das ehrlichwerden, gebet, sein seelenleben in worte fassen und aussprechen, sowie klagen eine sehr befreiende und heilende wirkung haben kann, ist unumstritten. doch das ist keineswegs immer so! wenn alles gesagt wurde, wenn man der vielen worte überdrüssig ist und dennoch keine veränderung - weder innen noch außen - in aussicht steht, dann verliert das gesprochene wort seine befreiende wirkung. die konsequenz ist schweigende qualvolle resignation. doch beim lesen der klagen von orual ist mir deren "härte" aufgefallen. sie klagt kompromisslos, mit aller bitterkeit die in ihr steckt. sie klagt mit ganzem sein. meiner meinung nach nicht, um dannach "befreit" zu sein (kann man ja eh nicht selber machen), sondern aus einer tiefen hilflosigkeit, not und groll heraus. mir sind die vielen reden und worte, die ich früher liebte und die mich belebten, an manchen stellen mitlerweile so verleidet - so sinnlos. vielleicht ist es an der zeit harte anklagen auszusprechen ...
fritz



ich klage dich an gott.
du hast mich allein gelassen, schon viele male. doch damit nicht genug, sondern dann kommen immer noch menschen und wollen mir das gegenteil einreden und reden von verborgenen sinn und plänen. doch ich frage dich gott: was sind deine zusagen und dein trost wert, wenn sie nicht im sturm des lebens erfahrbar sind, sondern nur für die sichtbar, den es halbwegs gut geht? was nützt mir dein beistand, wenn ich ihn in keinster weise erleben darf? du sagst: "suchet, so werdet ihr finden." ich will dir lügner ins gesicht schrein. denn ich suche und verliere nur. was soll ich dir sagen, was zu dir beten? du sitz doch auf deinem berg, umgeben von göttlichkeit, souveränität und allmacht. und alle meine argumentationen prallen daran ab. weil ich begrenzter mensch bin und du gott, du hast es ja nicht nötig dich mit mir zu beschäftigen, meinen worten zu lauschen und rechtfertigen musst du dich ja auch nicht vor deinem geschöpf. antworte mir wenn du kannst! ich habe wut auf dich. denn in der bibel stellst du dich mir als vater- und muttergott vor. erzählst von liebe und dergleichen dingen ... hättest du es doch nicht getan. dann würde ich nicht darauf hoffen müssen und hätte nicht ständig mit der enttäuschung den kampf aufzunehmen. du bist mir kein vater. ich glaube nicht, dass du mich in dieser masse von menschen anschaust. warum solltest du auch? ich bin doch nur ein unbedeutender windhauch. rede doch mit mir und hülle dich nicht in feiges schweigen. ich weiß um meine unvollkommenheit und um die dunkelheit in mir. mir ist bewusst, dass mein verstand nicht alles zu erfassen vermag, und meine worte wiedersprüchlich und falsch sind. aber gott, hast du meine treue und liebe dir gegenüber vergessen? du hast dich an meinen gaben und opfern gelabt und lässt mich jetzt fallen? ich frage nicht warum du all das leid zulässt, aber ich frage warum du nicht da bist!? wo bist du gott? was muss erst geschehen bevor du handelst?

3 Kommentare:

  1. Ich find zum Thema "Klage" die Psalmen sehr spannend...

    "Ich will sprechen zu Gott, meinem Fels: Warum hast du mich vergessen?" Psalm 42, 10

    Liebe Grüße von Anna

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  2. für mich ist auch diese geschriebene anklage ein psalm.

    d.g.

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  3. @ anna: ja, das stimmt. aber selbst die psalmen lesen wir manchmal durch eine sehr zensierte brille (so empfinde ich zumindestens). wir lesen zwar von tiefsten menschlichen empfindungen, aber verstehen doch nicht deren tragweite, deren härte und bedeutung - oder lassen es nicht zu, weil es unseren kuscheligen vorstellungen von christsein nicht entspricht. noch spannender und nahbarer werden die psalmen übrigens für mich, wenn ich mir vorstelle, wie manche davon in einem langen zeitraum entstanden sind. vielleicht wurde erst geklagt und der ganze dreck rausgelassen und erst jahre später ein "lob gottes", ein hoffnungsvolles wort oder eine veränderte sichtweise ein- oder hinzugefügt. grüße zurück :-)

    @d.g. ... danke!

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