Sonntag, 24. Januar 2010

brief an herr smutno

herr smutno,
es ist seltsam mich an sie zu wenden, in einem moment, da doch all meine empfindungen ihnen gegenüber verschüttet oder scheinbar verloren gegangen sind. doch ich weiß, dass der schein trügt! sie gehören doch zu der sorte "treuer begleiter". hin und wieder zwar nicht in meinem sichtfeld, aber dennoch da. sie sind schwer einzuschätzen. manchmal verhalten sie sich wie ein edler herr. mit hut, langem schwarzen mantel, gepflegtem äußeren und anständigen manieren. dann klopfen sie höflich, ziehen ihre lederschuhe aus und setzen sich mit einer seelenruhe ins wohnzimmer und wir trinken eine tasse tee zusammen. wie lange, dass bestimmen meistens sie! mir ist aufgefallen, dass wenn sie da sind, ich oft die uhr ticken höre ... das nehme ich sonst nur selten war. in kürzester zeit ziehen sie mit ihren wesen alles um sich herum in ihren bann. nein, sie verwenden kein aufdringliches parfüm oder so, und dennoch legt sich ihr duft mit einer nicht beschreibbaren schwere auf die seele. an anderen tagen sind sie das ganze gegenteil. von ihrem aussehen sind sie dann kaum verändert, aber sie benehmen sich dann wie ein mafioso - wie ich das gerade schreibe stelle ich fest, wie treffend das ist. zwar ist ihr äußeres nach wie vor korrekt, aber alles andere ist von einer grausamen brutalität und kälte geprägt. sie nehmen dann ohne zu fragen, ohne rücksicht auf verluste und tun allen was sich ihnen in den weg stellt gewalt an.
das sonderbare ist, dass ich sie nicht gänzlich ablehne. trotz all dem schmerz den sie mir und anderen menschen zufügen. diesen erbarmungslosen schmerz ... an manchen tagen ist ihre gegenwart kaum auszuhalten und doch geben sie dem leben eine gewisse intensität. oder sie lehren mich andere sichtweisen, die nicht besonders populär, dafür ziemlich bodenständig sind. liebe würde ich meine haltung ihnen gegenüber wohl nicht nennen, aber ich schätze gewisse seiten an ihnen - oder doch nicht? bin mir gerade unsicher. vielleicht sind sie auch einfach nur ein lügner und ich lasse mich belügen, wer weiß. wenn ich ehrlich bin, wäre ich ihnen dankbar, wenn sie die nächsten tage nicht zu besuch kommen und mich mit ihren gedanken verschonen, auch wenn diese noch so sehr der wahrheit entsprechen.
ihr fritz

8 Kommentare:

  1. treffende beschreibung eines guten bekannten. gibt es keine wahl zwischen schmerz und intensität?

    g.

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  2. kannst du deine frage etwas erklären?

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  3. ich merke selbst, dass die frage etwas unverständlich ist. intensität finde ich angenehm und belebend, andererseits läßt sie auch z.b. schmerz bewußter und "schmerzhafter" wahrnehmen. intensität schließt also das bewußtere wahrnehmen von schmerz nicht aus, verstärkt es sogar, oder? es scheint m.e. keine wahl zu geben? ich bin konfus.
    g.

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  4. das ist ein spannender gedanke! du hast wohl recht. wenn man intensiv lebt intensiviert das nicht nur das angenehme erleben und die positiven empfindungen, sondern in besonderer weise auch die "negativen" / existentiellen. das ist wohl nicht voneinander zu trennen. vielleicht gibt es das eine nur deswegen, weil es das andere auch gibt? vielleicht sind das erleben von traurigkeit, schmerz, sinnlosigkeit, angst, sorgen oder zweifel auch dafür verantwortlich, dass man zu großer barmherzigkeit, unbendinger lebensfreude und schlichter liebe befähigt wird (und andersherum). dann sind all diese dinge wirklich lebensbringend und konstruktiv. nur wenn sie gewalt ausüben und das "geknickte rohr" zerbrechen, dann ... dann lieber weniger "intensiv" leben, oder ...!?

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  5. die letzte frage will und kann ich nicht zu schnell beantworten. ja und nein hätte seine berechtigung. aber je tiefer die täler, desto höher müßten auch die berge sein...

    g.

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  6. eine kleine Frage ist Herr Smutno ein bewusst gewählter Name?
    gruß die schwester

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  7. kram mal deine polnischkentnisse raus ;-)
    gruß der bruder

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  8. genau darauf wollte ich hinaus.
    freut mich sehr, dass du so interkulturelle Namen wählst.
    gruß die schwester

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